Heute habe ich die Ehre Georg Tkalec im TuB-Klub zu begrüßen, euch wahrscheinlich besser bekannt als der Wortakrobat und Drum&Bass-Fachmann Subsphere. Der Österreicher ist professioneller Musiker und Autor, und hat unter anderem für das Wiener Konzerthaus geschrieben. Er studierte Bassgitarre in Rotterdam und Musikwissenschaften in Wien, wo er mit einer Arbeit über Drum&Bass abschloss.
Auf seinem Blog Subphere wühlte sich Georg regelmäßig durch die neuesten D&B-Platten und beschrieb sie in einzigartiger Manier. Zu meinen persönlichen Favoriten zählt sein Artikel über The Failed Evolution EP von Tech Itch (Englisch), in dem er das Schreiben über Musik selbst zur Kunst macht. Wir begrüßen Georg im TuB-Klub, und stellen ihn euch in einem Schlagabtausch vor:
der Schlagabtausch mit Georg (Subsphere)
TuB: Drum&Bass ist für dich?
Georg: Musik überhaupt ist für mich das Beste auf der Welt, und im Drum&Bass insbesondere sehe ich die Kulmination des ganzen musikalischen und technologischen Potentials der Menschheit (auch wenns oft beim Potential bleibt). Ich weiß das klingt jetzt dick aufgetragen, aber ganz ehrlich: in dem Tempo und der Informationsdichte frei über alle Sounds zu verfügen und eine Reise zu generieren die es nirgendwo anders zu erleben gibt – was kann es besseres geben?
TuB: Was machst du außer Schreiben und Musik?
Georg: Nicht allzu viel. Ein bisschen Geld verdienen als Gitarrenlehrer, Lesen, mit Klettern und Yoga halbwegs in Form bleiben um dann wieder Stunden vorm PC sitzen zu können und mich zu fragen ob zocken und produzieren bis spät in die Nacht wirklich die beste Idee war… Ansonsten aber hauptsächlich Musik, ich arbeite gerade an ein paar Techno-Nummern und meinem zweiten Album als Lautenspieler. Die Tin Man Falls EP, die ich produziert hab, kommt auch raus in ein paar Tagen und dazwischen immer wieder was Experimentelles für Tanzstücke, Vernissagen und dergleichen.
TuB: Worüber möchtest du auf Trommel & Bass schreiben?
Georg: Ich bin im DNB tendenziell abenteuerlustigeren Sachen zugetan, d.h. musikalisch eher beim Neurofunk daheim und werde wohl dem einen oder anderen hervorragenden Release meinen Senf beisteuern. Ansonsten freue ich mich, ein paar Gedanken, die ich bislang nur im Freundeskreis wälzen konnte, Ausdruck zu verleihen und vielleicht sogar in der Community ein paar Anstöße zu geben.
TuB: Wieso ist es auf Subsphere in den letzten Jahren ruhiger geworden?
Georg: Vor allem aus Zeitgründen. Ich hab mich ja wirklich jede Woche durch a l l e Releases durchgehört und versucht die Schmankerln zu filtern, da ist alleine fürs Hören gut ein halber Tag drauf gegangen. Und irgendwann stellt sich natürlich die Kosten-Nutzen Frage: ich kann ja leider nicht nur meiner Liebe folgen, ich muss auch meine Miete bezahlen, und da ich meinen Standard nicht runter schrauben wollte und z.B. anfangen diesen immer gleichen fürchterlich übertriebenen Promotexten zu folgen hab ich begonnen mir einzureden, dass diejenigen, die es wirklich interessiert, ja einfach Noisia Radio hören können und so auch neue Musik entdecken. Wenngleich ich es schon vermisst habe über Musik zu schreiben, und die ganzen Gedanken die ich mir dazu mache zu teilen.
TuB: Womit hast du dich in deiner Abschlussarbeit über Drum&Bass genau auseinandergesetzt? Zu welchem Ergebnis bist du gekommen?
Georg: Ursprünglich wollte ich darin unterschiedliche Stile und Epochen im DNB miteinander vergleichen, aber da sich damals noch niemand wirklich wissenschaftlich mit dem Thema auseinandergesetzt hatte, hab ich darin vor allem Grundlagen versucht zu etablieren und kontextualisieren. Geworden ist es somit ein Abriss der Geschichte der elektronischen Musik und Kultur, aber eben mit der Entstehung und Evolution von Drum&Bass im Fokus; d.h. von den ersten philosophischen und später praktischen Überlegungen das Studio zum Instrument zu machen — von den Futuristen zur Musique concrete bis hin zu Brian Eno- über die Entwicklung und den Einsatz der verschiedenen Synthesizer, dem Aufkeimen der unterschiedlichen Substanzen und deren kulturelle Rezeption, der Entwicklung von House über Techno bis Gabba und von Larry Levan über Joey Beltram bis Ed Rush usw. usw. Ob ich wirklich zu einem Resultat gekommen bin kann ich nicht sagen; höchstens dass die Möglichkeiten noch nie so mannigfaltig und die Umsetzung noch nie so greifbar war wie heute, und es gut so ist.
(Falls es jemand ganz genau wissen möchte, ich habe die Arbeit hier online gestellt: tkalec.cc/GeorgTkalec_Neurofunk.pdf)
TuB: Trommel oder Bass?
Georg: Luft oder Wasser? Proton oder Elektron? Ich glaube was Gott in seiner unendlichen Weisheit zusammengefügt hat soll der Mensch in seiner Eitelkeit nicht trennen. Insbesondere wenn es sich um so ein Team wie Trommel und Bass handelt. Im apokalyptischen Zweifelsfall aber Bass, Tempo ist fundamentaler als Rhythmus.
TuB: Dein Lieblingslied, oder ein Lied, das du gerade feierst?
Georg: Schwierig sich da auf eines festzulegen… Die neue Synergy-Single auf NËU hat mich schwer begeistert, auch die Noisia-Collab mit Former »Pleasure Model« war eher unglaublich. Gerade zieht’s mich auch immer wieder zu Calyx & Teebees »Nothing I Can Say« aus 2012. Ich mag diesen Jungle-Vibe einfach.
Wir danken Georg (Subsphere) für den Schlagabtausch.
Georg Tkalec (Subsphere) Musik-Blog • Webseite • SoundCloud • Drum&Bass-Diplomarbeit Musikprojekte: Tkalec • Alec Decay • Tin Man Falls
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