Erschienen am 23.12.2020 aber zeitweise nach vorne gestellt.
Wenn neugierige Aliens in den Weiten des Alls irgendwann die Audio-Informationen einer vergoldeten Kupferplatte dekodieren, dann hören sie neben ethnischer Musik und Gewittergeräuschen auch Mozart, Armstrong, Berry, Beethoven – alte Klassiker eben.
Doch in den 43 Jahren nachdem die beiden Voyager-Raumsonden mit der Voyager Golden Record an Bord in die Galaxis losgedüst sind, hat sich viel getan: Klänge wurden synthetisiert, Lieder sequenziert, Raves arrangiert und neue elektronische Klassiker kamen hinzu.
Warum diese Kulturleistung also nicht teilen und weitere musikalische Botschaften in den interstellaren Raum hinterherschicken? Die dafür sprechenden Gründe liegen auf der Hand: tanzbare Klänge würden jegliche Feindseligkeiten entschärfen – gemeinsam Musik zu fühlen führt bekanntlich zu Verbundenheit.
Und vielleicht kommen wir Außerirdischen entgegen, wenn’s etwas futuristischer anmutet. Deswegen lautet meine Forderung: exportiert Jungle und DnB in die hintersten Winkel der Milchstraße!
Drei genreprägende Meilensteine aus dem letzten Jahrtausend dürfen dabei nicht fehlen:
Timeless von Goldie und Rob Playford

Keine Jungle-Bestenliste ohne Goldies Timeless. Nicht damals. Nicht heute. Nicht in Äonen. Der Titel ist Programm.
Das gilt für den von ätherischen Klängen und Diane Charlegmanes Soul-Stimme begleiteten 21-minütigen gleichnamigen Track ›Timeless‹mit Passagen verspielt-glitschiger Pitches, die groovige Irrfahrt mit Hardcore-Elementen ›Kemistry‹, wie auch die kathartische Idylle, die von ›Sea of Tears‹ verträumter Gitarre und den sentimentalen Vocals ausgeht. Und ebenso für meinen Favoriten aus dem Album– ›A Sense of Rage (Sensual Vip Mix)‹. Das Sample von Wu-Tang-Mitglied Raekwon , die unzähligen Becken in allen Tonhöhen und eine wütende, aber beherrschte Bassline lassen die Augen aufleuchten.
Goldie, Timeless und das heute immer noch hochrelevante Metalheadz-Label sind zeitlose Musikgeschichte und die damit verbundenen Gefühle bleiben universell verständlich – auch Lichtjahre entfernt.
Goldie – Timeless Label: FFRR Erscheinungsdatum: 31.07.1995 Discogs
Mysteries of Funk von Grooverider

Mysteries of Funk erhält ein musikalisches Triple-A Rating: absolut astronomische Atmosphäre. Die beiden DnB-Ikonen Raymond Bingham alias Grooverider und Matt Quinn alias Optical haben 98 ein eklektisches Album geschaffen, das als eindrucksvoller Sprössling von Funk, Jazz und 2-Step beschrieben werden kann.
Die stetige, aber ruhig bleibende in Saxopohon-Einlagen kulminierende Progression von ›Time and Space‹ bietet den geborenen Soundtrack für einen Schlafwandel gen Sternenhimmel. Im organischen Bass von ›Where’s Jack The Ripper‹ und ›560’‹ zeigt sich die von Virus Recordings bekannte und zurecht geschätzte Signatur von Optical. ›Starbase 23‹ lebt 4 Minuten lang von einer saftigen Snare und dem, was nach dem Loop einer quietschenden Tür klingt, um dann schlussendlich im ersten Drop mit mörderischen Bass Stabs die Spannung aufzulösen. Und auch ›Rivers of Congo‹ mit den hellen Synth-Akkorden, die den vollen dunklen Bass ergänzen und den nahtlos überlagerten Drums klingt heute noch erfrischend unbekümmert vom Alter.
Das Album ist ein ambitioniertes Crossover-Experiment des Breakbeats und zugleich der pure akkustische Trip. Hundertprozentige Hörempfehlung – gerade für andere Lebensformen.
Grooverider – Mysteries of Funk Label: Sony Erscheinungsdatum: 28.09.1998 Discogs
Torque von Ed Rush und Nico

So unaufhörlich wie Planeten sich drehen, so dreht sich im besten Fall auch das Techstep-Gem ›Torque‹. Nicht zuletzt weil Opticals bessere Hälfte Ed Rush und Nico – Kopf von No U-Turn Records – mit dieser stilbeeinflussenden LP den Weg für heutigen Neurofunk geebnet haben.
Der frenetische Beat, die desorientierenden Geigen, die Urwaldgeräuschen und der mächtige Bass von ›Mothership‹, die fest programmierten Drums und das post-rockig hallende Horn von ›Sector 3‹, die feierlichen Amen-Breaks, der bedrohliche Reese-Bass und das technologische Rauschen von ›Proton‹ sind beispielhaft für die sich durch ›Torque‹hindurchziehende finstere Dichte. Insbesondere die nebelige Atmosphäre und das Dickicht aus perkussiven Elementen und warmem Bass von ›Crystal‹ ist durch und durch roher Jungle zum kontemplativen Versinken.
Ed Rush & Nico – Torque Label: No U-Turn Records Ltd. Erscheinungsdatum: 1997 Discogs

Und noch einmal 20 Jahre später? Welche Alben der letzten Jahre reihen sich hinter die zeitlosen Klassikern ein? Vielleicht DLRs & Makos ›OneMind presents OneMind‹. Oder ›Lateral Thinking‹ von Hydro, War & Mateba. Vielleicht auch Blocks & Eschers ›Something Blue‹ – klingt als bestehen auch sie den Test der Zeit.
Quelle der Bilder der Voyager Golden Record: Von NASA, Gemeinfrei.
mathias
•3 Jahren her
Ps. Im Safari fehlt ein Submit.Button
mathias
•3 Jahren her
Patenter Artikel, wa?! Gleich mal alle liedchen reinpfeifen.