Es wäre doch viel zu einfach, wenn man nichts zu meckern hätte. Auf jeder Veranstaltung und an jedem Ort den ich bisher beschallen durfte gab es dieses leise, fast schon unhörbare Gemecker über dieses und jenes. Es gibt sie, diese Aufreger, die immer wieder ausgepackt werden. Und sind wir mal ehrlich, sie sind teilweise vollkommen gerechtfertigt. Vielleicht muss man es mal in die Welt hinausbrüllen, damit es in dem einen oder anderen Kopf ankommt.
Halt’s Maul MC!
Fangen wir mit dem ganzen Tamtam rund um MCs an. Wie der eine oder andere bereits mitbekommen hat, ich bin MC. Insofern weiß ich recht gut, über was hier rede. Ehrlich gesagt, ich hab das mit dem DJing echt probiert, es ging mir hart auf den Keks! Anno 2003 war Beatmatching noch harte Arbeit, ich bin daran verzweifelt und habe eingepackt. Immerhin hatte ich noch ganze zwei andere Steckenpferde, den Rap und die Produktion/das Writing.
MC und DnB gehören zusammen.
Zunächst mal ein Slap an die gute alte DnB Crowd, das MCing ist verflucht noch mal ein Part der Kultur und die Kultur lebt von ihren Pfeilern. Beim DnB, wie ich ihn kenne, sind das Produktion/Writing – woher sonst sollen die Tunes kommen; DJing – irgendwer muss sie ja auch auf den Floor bringen; MCing – weils halt doch mehr Freude macht wenn jemand die Leute anheizt und Toleranz – weil wir nun mal ein Schmelztiegel sind und bleiben wollen, das hilft der Kreativität, dem Verständnis und der Verständigung. Wenn ich mir jetzt aber einen Teil der Szene anschaue, dann kommt ein Thema immer wieder auf: Wie scheiße doch MCs sind! Es sei euch mal gesagt sein, ihr habt weder die Pfeiler verstanden, noch das mit der Toleranz. Sicher es gibt genug MCs, die hier ihren Teil zu beitragen, dazu komme ich später, aber wenn ihr keine MCs haben wollt, dann sucht euch doch vielleicht lieber mal eine andere Musik oder versucht das Thema rund um Toleranz zu verinnerlichen. Es mag ja sein, dass euch das persönlich nicht gefällt, aber kein Metalhead, Rocker oder Popper der Welt würde den Leadsänger in Frage stellen, den Schreihals/Gesangs-Hannes der das Ganze mit seinem Text abrundet. Sicher ein Vergleich der hinkt aber merkt ihr den Punkt? Es gehört zusammen, es ist einfach ein Teil der Musik und wer diesen Teil nicht mag kann das gerne tun. Aber er gehört nun mal dazu – deal with it.
Unser Job besteht nicht darin 10 Minuten doubletime durchzulabern, das Mic an den nächsten zu passen, um den dann auch Stakkato rappen zu lassen.
Womit wir auch schon bei der Klatsche an meine eigene Gattung gelandet sind, die MCs. Leute, ich bitte euch inständig zu verinnerlichen welchen Part ein MC im Drum n Bass hat. Wir sind ein Hybrid zwischen Host, Anheizer und Rapper. Aber bestimmt sollten wir keine Rapper im heutigen Hip Hop Sinn sein – ja, auch beim Hip Hop war das mal anders.
Unser Job, wie ich ihn verstehe, besteht nicht darin 10 Minuten doubletime durchzulabern, das Mic dann an den nächsten zu passen um den dann auch 10 Minuten Stakkato rappen zu lassen und wieder das Mic zu grabben. Das mag vielleicht auf einer Jump-Up-Party noch gerade so OK gehen, insgesamt nervt es aber einfach nur. Natürlich sollt ihr eure Parts rappen, die Leute animieren und Shouts einfordern, ihr sollt die Menschen zum Kochen bringen, eure DJs an- und absagen und dafür sorgen dass die Gäste einen unvergleichlichen Abend haben. Wenn Ihr das Glück hab einen guten Writer zu kennen der sich Vocals für seinen Tune wünscht, dann dürft ihr genau hier im Rampenlicht stehen, oder wenn sich ein andersartiges Projekt auftut, auf einer Veranstaltung jedoch ist die Musik der Kernpunkt und dies solltet ihr respektieren. Lasst der Musik Raum, präsentiert eure 16 oder 32 Bars, macht ein bisschen Promo aber dann haltet eben auch einfach mal für 2 Minuten die Klappe, genießt den Sound, Quatscht ein, zwei Worte mit den Backstagelern und kommt dann wieder rein, wenn die Menschen verstanden haben, für was sie auf diese Party gekommen sind – für und wegen DnB.
Die MCs haben diese Diskussion zu Teilen selbst geschaffen.
Es nervt mich selbst immer unwahrscheinlich diese MC Ja/Nein Diskussion hören zu müssen, wahrscheinlich nervt es jeden MC. Aber hier liegt eben auch ein wenig Evidenz, die MCs haben sich diese Diskussion zu Teilen selbst geschaffen und wir können sie auch beenden – großteils jedenfalls. Schreibt eigene Lyrics (wenn ihr keine Freestyler seid) und hört auf Styles zu kopieren, das hängt doch jedem zu den Ohren aus und der Hip Hop hat dafür einen Begriff: „Byten“!
Lernt den Mund an den entsprechenden Stellen zu zu machen.
Lernt den Mund an den entsprechenden Stellen zu zu machen, zum Beispiel während Vocals, oder wenn der Track einfach auch mal alleine funktioniert. Dann wird das auch was mit dem einigermaßen flächendeckenden Ansehen und der Akzeptanz für MCs, ich bin mir da sehr sicher.
und nun zu den DJs
Aber genug von den Vocalists, gehen wir mal zu den DJs. Ich möchte mich hier gar nicht in die Diskussion Vinyl vs. CDJs vs. Controller einreihen. Es geht mir auch nicht um den Sync-button, denn das Thema wurde zur Genüge beackert und da ich sowieso kein DJ bin, will ich mir da kein Urteil erlauben. Im Grunde ist es mir sogar ziemlich egal, über welches Medium ich beschallt werde. Solange der oder diejenige ihr Equipment gut beherrscht und mir musikalische Ohrgasmen beschert, ist für mich alles in Ordnung. Aber ein wenig muss ich den Aspekt dann doch aufnehmen um einen Einstieg zu finden, beherrscht eure Technik hatte ich ja bereits gesagt.
Wie ich eingangs erwähnt hatte, habe ich es nie geschafft, Beats mit Vinyl sauber zu matchen. Es ist auch einfach verdammt schwer, aber wie jedes Handwerk erlernt wird, so sollten es DJs eben auch von der Pike auf lernen. Ein Tischler lernt lange bevor er Fräsen benutzt mit dem Hobel umzugehen, es bedarf dieses Verständnisses der Materialbearbeitung um auch mit modernen Gerätschaften saubere Arbeit zu leisten, man nennt sowas Basics.
Lernt erst die Basics und nutzt dann die Technik.
Was ich damit sagen will, lernt das DJing richtig. Jeder Depp kann Musik abspielen aber das macht keinen DJ aus. Wenn du es nicht schaffst, zwei Beats mit Gehör, Geduld und Pitching tight zu setzen, dann bist du kein DJ, der aus jeder noch so vertrackten Situation das Beste für das Publikum rausholen kann und dann bist du eigentlich auch gar kein DJ, sondern ein Aufleger, ein Musikabspieler. Verlasst euch niemals auf eure Technik, denn Technik kann fehlerhaft sein und was machst du denn, wenn du Onstage bist und wirst ausgebuht weil irgendwas nicht klappt und du das technische Problem nicht mit Skill ausgleichen kannst? Rebookings sind dann meist auch eher fragwürdig. Natürlich gibt es die Situationen, die einem Totalausfall gleichen, dann kannst du nichts machen, egal wie versiert du bist, aber das ist selten. Übrigens, es ist kein Mix, wenn man generell Flächen nutzt um auf einen anderen Track zu faden. Es mag seltener sein, aber es gibt das fachkundige Publikum und die kann man mit Beatmachting, Doubledrop, Beatjuggeling, etc. eben wirklich beeindrucken. Und oftmals sind es gerade jene, die dich dann vielleicht für ihr nächstes Event anfragen.
Nehmt euch Zeit, eure Sets zu planen.
Einen letzten Punkt habe ich noch: Plant eure Sets. Ich habe in einer Zeit angefangen, in der DJs noch mit schweren Plattenkoffern auf Partys kamen, darin lag eine Auswahl an Platten, die nach folgendem Schema gewählt waren: Wie möchte ich mein Set aufbauen, was ist mein Intro, welche Spannungskurve soll Folgen? Gibt es eine beständige Steigerung von Soft zu Hart? Baue ich Upper und Downer ein? Wie lange soll mein Set sein? Habe ich Alternativ-Tracks, falls das Set so nicht mit der Crowd funktioniert? Kann ich die ganze verdammt Scheiße dann noch tragen?
Normalerweise hat dies einen versierten DJ zwei bis drei Stunden am Tag vorher beansprucht. Nehmt euch diese Zeit und macht euch Gedanken was und wie ihr es spielen wollt. Natürlich sind die heutigen Utensilien (Notebook, USB Sticks, Controller usw.) leichter zu transportieren, aber das ist keine Begründung alles quer Beet nach Gusto zu spielen, denn solche Sets machen einfach keinen Spaß.
Hast du eben noch auf einen richtigen Banger getanzt und sollst dann auf einmal ganz Soft machen auf einen ganz deepen Roller? Jeder der mal auf der Tanzfläche stand weiß, dass man dann durchaus geneigt sein kann diese zu verlassen und sich ein Bier zu holen. Häuft sich sowas, hat man irgendwann als Gast keinen Bock mehr und lässt es bleiben. Im schlimmsten Fall spielst du so den Floor leer, wenn er sich auch beim nächsten dann nicht mehr füllt, hast du ihn kaputt gespielt. Tu das nicht! Sicher passiert das auch den Besten mal, aber es sollte sich in Grenzen halten und es ist dein Job dafür zu sorgen, dass dies im Idealfall nicht passiert.
und zu guter Letzt: die Crowd
Und auch hier noch mal eine kleiner Tritt in die Crowd, seid nicht so Pienslieschen wenn euch mal ein Tune nicht gefällt. Die DJs brauchen euren Support, wenn ihr immer sofort den Floor verlasst nur weil euch irgendwas nicht in den Kram passt, dann zeugt das vor allem von wenig Respekt vor der Leistung jener, die euch einen schönen Abend bescheren wollen. Und vor allem verunsichert es die Person hinter den Decks, die sich wohlmöglich auf euch einstellen mag. Bekundet doch lieber lauthals wenn euch ein Track besonders gefällt, das funktioniert ebenso aber produktiv.
Fühlt euch nicht demotiviert durch meine Zeilen, ich habe weder die Weisheit mit Löffeln gefressen, noch muss man alles was sage für bare Münze nehmen. Dieser Text soll Anregungen liefern und Verbesserungsvorschläge, ich habe mich hierbei für den Rundumschlag entschieden, da ich keine einzelne Entität des großen Ganzen angreifen wollte, das wäre unfair. Ich bin selbst nicht frei von Fehl und Tadel und wurde im Laufe meines Musikschaffens nicht nur einmal kritisiert. Das ist gut, denn es hält dich am Boden und sorgt für Entwicklung.
Tieffrequente Grüße
Stefan
Nikita
•6 Jahren her
Mega schön zu lesen dass es viele Menschen gibt die es doch zu verstehen worum MC’s tatsächlich in der Szene unverzichtbar sind. Und genau so schön dass du als mc die die kritische Auseinandersetzung mit deinen Kollegen wagst. Diese ist absolut gerechtfertig! Ich, als Mensch der die psichodelische Wirkung den “Flieger” Sound im drumandbass besonders Wertschätzt, weiss ganz genau wie störend ein besoffenes gegrölle des MC’s einen abstürzen lassen kann! In vielen Ländern verzichtet man deswegen umso häufiger auf die sprachbegleitung. Was ich auch nicht ganz richtig finde, da die uriger traditionelle Betrachtung des MC’s im DNB mich ein wenig stolz macht und den Bezug zu den Wurzeln stehts vor den Augen hält, was bei kurzlebigen Party Generationen und immer älter werdende Musik ganres, denke ich sehr wichtig ist!!! Big up!