Mit dem Ausbruch von COVID-19 wurden wir Menschlein im 21. Jahrhundert vor noch nie geahnte Herausforderungen gestellt. Von heute auf morgen war nichts mehr wie es war. Museen, Theater, Clubs, alles Lokationen, die aufgrund der Anordnungen der Bundesregierung plötzlich schließen mussten und nicht wissen, wie es weitergeht.
Diesen Einrichtungen, aber auch Einzelpersonen wie DJs oder Live Acts, gibt das Projekt klub>>forward mit seinem Streaming-Angebot eine gute Möglichkeit auf sich und ihre aktuelle Lage auf sich aufmerksam zu machen. Mehr noch, trotz fehlender Gäste, ein gepflegtes Programm bieten zu können. So tun sie es zwar verschiedenen Streaming-Angeboten gleich, doch unterscheidet sich klub>>forward ein wenig vom Konsens der aktuellen Streaming-Anbieter.
Am 16. Mai 2020 ab 17 Uhr überträgt klubforward einen Livestream der Hamburger Partyreihen Liquid Concrete und Drumbule mit Drum&Bass-Legende Phace! Wir werden das Video auf unserer facebook-Seite crossposten.
Schlagabtausch mit Mathias Busse, dem Initiator von klubforward
Umut: Hey Matze, danke für deine Zeit. Erzähl mir doch mal von klub>>forward, was ist die Idee dahinter?
Mathias: Hallo Umut, danke für deine Fragen zu dem Projekt klub>>forward. Die Idee dazu kam am 13.03., also als sich Musikclubs solidarisch dazu entschlossen haben vor einer behördlichen Anordung ihre Clubs zu schließen, da sie das Risiko einer Verbreitung von COVID-19 in ihren Spielstätten nicht verantworten wollten. Die Woche drauf folgte die Anweisung dann durch die Behörden der Bundesländer.
Unser Ziel war und ist in erster Linie einen Clubbetrieb als Online-Angebot weiter aufrecht zu erhalten und Künstlern weiterhin eine Bühne für ihr kulturell und gesellschaftlich wichtige Arbeit zu bieten. Das ist keine Einbahnstrasse und auch die Zuschauer zuhause, die in die Isolation gegangen sind, später auch gegangen wurden, brauchen weiterhin Kultur, denn diese ist immer für Sender und Empfänger bestimmt und hilft uns als Szenen oder gar Gesellschaft zusammenzubleiben.
Zweck ist auch, dass wir Spendentöpfe promoten, die direkt oder indirekt mit Musik, Clubs und Kultur zu tun haben um Gelder zu generieren, die dringend benötigt sind in vielen Fällen.
»Unser Ziel ist einen Clubbetrieb als Online-Angebot aufrecht zu erhalten und Künstlern weiterhin eine Bühne für ihr kulturell und gesellschaftlich wichtige Arbeit zu bieten.«
Umut: Was bietet ihr?
Mathias: Wir bieten eine breite Palette Musik, von Drum and Bass, Techno, Rock, Pop, Indie und planen auch Theater, bzw Unterhaltungsprogramm. Unser Ziel, oder besser Anspruch war auch von Anfang an die bestmögliche Qualität zu senden, also diverse Kameraperspektiven inkl. bewegter Kameras und ein einwandfreies HD-Signal. Das ganze gesendet aus bekannten Clubs, oder auch mal aus off-Locations.
Umut: Wie muss man sich das als Laie vorstellen?
Mathias: Erstmal muss man sich da einen ganz normalen Abend im Club vorstellen, nur ohne Publikum. Lediglich stehen an dessen Stelle Kameras und ein Regieplatz, an dem die Mischung der Bilder live angefertigt und direkt ins Netz gespeist wird. In der Regel ist dabei die PA nicht an, sondern nur das Monitoring. Für den DJ ist es eher eine Studio- oder Aufnahme-Situation.
»An Stelle des Publikums stehen Kameras und Regie.«
Daran mussten sich viele DJs erstmal gewöhnen, auch an den fehlenden direkten Kontakt zum Publikum. Kein Schnaps oder keine Zigarette wird über das Pult gereicht und auch keine Lied-Wunsch via Handy. ABER: Es findet ein direkter Kontakt via Chatraum statt, den Moderatoren unterstützen. D.h. der DJ bekommt erst hinterher mit, was eigentlich los war und an dem Punkt haben wir dann oftmals eine Begeisterung erlebt, welche die anfängliche Skepsis verdrängt hat.
»Es findet ein Kontakt via Chatraum statt, den Moderatoren unterstützen.«
Umut: Wie seid ihr Equipmenttechnisch aufgestellt?
Mathias: Wir arbeiten mit drei bis fünf Kameras, einem Bildmischer und zwei Computern. Einer zur Übertragung; einer für die Betreuung und technischen Check der Streams. Zudem schaffen wir mit zusätzlichem Licht die notwendige Beleuchtungssituation, die für Kameras notwendig ist. Als Highlight unsere Produktionen ist gelegentlich ein Kamerakran dabei und eine sogenannte Steadicam, also eine frei bewegliche Kamera. Auch über den Einsatz von Drohnen im Außeneinsatz denken wir nach.
Umut: Wie setzt sich euer Team zusammen?
»Acht Leute gehören zu einer Show.«
Mathias: Unser Team besteht neben den Videoteams – wir arbeiten mit einer externen Crew der Hamburger Nächte und einer internen Crew – aus einem Moderator oder einer Moderatorin. Interviews mit Venues oder Veranstaltern gehören zu jedem Stream. Ein Videoteam benötigt dabei einen Regisseur und ein bis drei Kameraleute. Zudem gibt es den Aufnahmeleiter/Producer und einen Chatmoderator. Im Hintergrund gehören auch noch die Postproduktion, also Nachbereitung, die Homepage-Pflege, eine PR-Person und ein Fahrer dazu. Demnach sind es acht Leute, die zu einer Show gehören.
Umut: Was unterscheidet euch von anderen Anbietern wie United We Stream o.ä.?
Mathias: Im Grunde stelllen wir nach außen hin ein ähnliches Konzept auf die Beine. Was wir vermeiden ist ein zu starkes Einmischen in die Außendarstellung und branden nicht die ganze Veranstaltung auf unsere Corporate Identity. Hier arbeiten wir Hand in Hand und lassen dem Veranstalter seine Freiheit.
Auch bei der Auswahl der Spendemöglichkeit, lassen wir dem Veranstalter die Möglichkeit selbst was vorzuschlagen, aber wir schauen selbstverständlich nochmal, ob das Ziel moralisch oder ethisch vertretbar ist. Somit haben nicht nur Spenden für die Clubkultur als solches, sondern auch schon für die Deutsche Diabetes Stiftung, Kids e.V., Hamburger Fraunhäusern oder auch die veranstaltenden Clubs selbst generieren können. Denn einige wichtige Institutionen standen sehr schnell vor dem aus. Gerade Vereinsgeführte, die in erster Linie nicht als Wirtschaftsunternehmen, sondern als Subkulturzentren geführt sind.
Ein besonders entscheidender Unterschied ist aber, dass wir von Anfang an geplant haben, unsere Produktionskosten von Werbepartnern finanzieren zu lassen. Denn wir können nur Gutes leisten, wenn es uns selbst gut geht. Bei anderen Modellen bekommt das produzierende Team gegebenenfalls einen Anteil aus dem Spendentopf, was wir als etwas unglücklich empfinden, da der Spender das in der Regel auch nicht weiß.
»Unsere Produktionskosten lassen wir von Werbepartnern finanzieren. Das produzierende Team erhält keinen Anteil aus dem Spendentopf.«
Umut: Wohin wollt ihr mit dem Projekt?
Mathias: Das ist die Quizfrage. Nein, nicht wirklich. klub>>forward hat einen Milestone-Plan und nach und nach etablieren wir uns weiter mit einem reichhaltigen Programm und bauen unsere Netzwerke in jede Richtung aus. Unser Ziel ist es diese Plattform zu einem festen Teil der Clubkultur auszubauen und somit das Angebot digital nachhaltig zu erweitern und gerade hierzulande auch das Internet als Ort des kulturellen Austausches weiter zu fördern.
Andere Länder, man mag es kaum glauben, sind da ein paar Schritte voraus, ähnlich wie beim flächendeckenden DSL oder Breitbandausbau. Ein Beispiel an dem es deutlich wird, ist die Beteiligung in den Chaträumen. Ein Stream für das Label Alula Tunes hat viele Fans auf Mauritius, dort fand eine regelrechte Party im Chatraum statt, vielleicht haben sich sogar neue Freundschaften und Verbindungen aufgetan. Hierzulande scheint ein Herz in den Chat zu schicken noch ein große Hürde für die Teilnhemer zu sein.
Zudem wollen wir zukünftig auch Veranstaltungen mit Publikumsverkehr in die Welt streamen um jedem, der vielleicht gerade nicht vor Ort sein kann einen Eindruck zu vermitteln, eventuell sogar Veranstaltungen virtuell und global zusammenführen. Dabei bauen wir die Zusammenarbeit mit Werbepartnern aus und hoffen Künstlern eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen.
»Wir wollen zukünftig auch Veranstaltungen mit Publikumsverkehr in die Welt streamen […] und hoffen Künstlern eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen.«
16.05.2020, 17 Uhr
Liquid Concrete & Drumbule mit Phace
Livestream: Liquid Concrete & Drumbule w/ phace (Hafenklang) 17:00 - 18:00 - Eightball (klub forward/Liquid Concrete) 18:00 - 19:00 - Zpt (DRUMBULE drum&bass) 19:00 - 19:45 - Fibe (Liquid Concrete) 19:45 - 20:00 - klub forward Interview mit PHACE 20:00 - 21:00 - PHACE (Neosignal) 21:00 - 22:00 - Brazed (Citrus Recordings/DRUMBULE drum&bass) 22:00 - 23:00 - Cine (DRUMBULE drum&bass) 23:00 - 0:00 - IAM b2b Sindicate (Liquid Concrete)
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