ENactiv, früher unter dem Namen NBass MC bekannt, gehört mit über 10 Jahren Erfahrung als Drum&Bass-MC zu den echten Veteranen der Gießener Szene. Auf eine Gelegenheit, seinen Senf zu Themen rund um Drum&Bass im Allgemeinen aber insbesondere über die Szene in Gießen zu geben, hat er – seiner Reaktion auf die Anfrage nach zu urteilen – nur gewartet. Ein waschechter Vollblut MC eben. Schauen wir uns an, was er zu sagen hat…
der Schlagabtausch mit ENactiv
TuB: Kannst du dich bitte kurz vorstellen und uns erzählen, wann und wie du das erste Mal mit Drum&Bass in Kontakt gekommen bist?
ENactiv: Geboren bin ich in Hildesheim, das ist eine wichtige Info im Bezug auf meine DnB Wurzeln. Ich lebe jedoch seit meinem 7. Lebensjahr im Raum Gießen und bin hier auch fest verankert, ich mag diese ranzige Unistadt mit vielen jungen Menschen. Drum & Bass höre ich seit ca. 1999 und man mag es kaum glauben, es war der Soundtrack zum Film „Lola rennt“, eher gesagt ein Jungle-Remix auf der Maxi-CD des Theme-Songs, der mich final für die Musik begeistert hat. Seit 2002 bin ich selbst aktiv in Sachen Produktion und nachdem mir 2004 ein Freund das Mic auf einer Party in die Hand drückte und sprach „Du willst das doch die ganze Zeit, jetzt mach auch!“ bin ich als MC aktiv. In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei dem mittlerweile in Hamburg tätigen MC Rody von Herzen bedanken, ohne dich gäbe es heute keinen ENactiv!
Um den ersten Kontakt mit Drum&Bass näher zu erklären, spinnen wir die Geschichte rund um „Lola rennt“ und Hildesheim mal weiter. Zu verdanken habe ich das Interesse an DnB meinem Cousin DJ Little D (a.D.), der seinerzeit mit einer Crew namens „Knights of the Round“ Hildesheim mit Bässen massierte. Erst diese Connection machte besagten RMX besonders spannend für mich, ich tauchte quasi in eine Welt ein, die ich nicht kannte, aber die reizvoll für mich war. Seitdem ist DnB für mich eine besondere liebe, ein Wegbegleiter und maßgeblich bestimmender Teil meines Lebens und ich durfte mittlerweile sogar zwei Gigs auf der Nachfolgeveranstaltung „The Booty Shakin“ absolviere, was natürlich in dem Kontext der Hammer ist. (Gruß an TBS, das heißt TAZ, Dundee, Mal T, iCarl & Luke Ventura). Für mich ist die Bindung zu DnB eine wirklich emotionale Sache und ich denke jeder der die Hochs und Tiefs des Musikerdaseins kennt wird mir zustimmen, dass es genau diese Bindung auch braucht.
TuB: Was unterscheidet deiner Meinung nach die Drum&Bass Szene von anderen Szenen?
ENactiv: Zunächst mal die musikalische Vielfalt selbst, DnB ist so ein weit gefechertes Genre, du hast im Grunde für jeden etwas dabei. Der romantische Abend mit der/dem Partner/in kann begleitet werden von deepem, gefühlvollen Liquid und am nächsten Abend steht Rave mit Neuro oder Jump-Up (welchen ich zugegebenermaßen nur sehr partiell feiere) auf dem Programm. Es gibt so viele Spielarten, das finde ich besonders.
Aber darüber hinaus spiegelt sich das Phänomen auch bei den Junglists, es gibt so viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund. Du findest auf einer Party Leute vom Schlage Metaler und aus dem Lager Hip-Hop und viele andere, die gemeinsam einen Rave zelebrieren die gewisser weise in der Musik ihre Gemeinsamkeit erfahren. Ich kenne wenige Szenen die eine solche Toleranz und Offenheit an den Tag legen. Das ist für meinen Geschmack ein ganz bemerkenswertes Phänomen, wovon wir deutlich mehr gebrauchen könnten.
Generell kann man besonders in der DnB Szene wirklich gut connecten, die Leute sind offen, sie mauern sich nicht ein, du schreibst irgendeinem bekannteren Artist eine FB-Message? Er antwortet in der Regel. DnB Artists haben meist keine Starallüren, man ist vereint in der Liebe zu gebrochenen Beats, dicken Basslines und coolen, pushenden MC’s und DJ’s die abfackeln. Das ist stabil, das begeistert mich schon eh und je. Wenn die Szene so offen und gleichzeitig motiviert bleibt wie sie es derzeit ist, werden noch einige legendäre Nächte kommen. Ich glaube, dass DnB in Deutschland mehr Aufmerksamkeit verdient hat und bin begeistert mit wie viel Elan im Moment daran gearbeitet wird.
TuB: Wie steht es allgemein um elektronische Musik in Gießen?
ENactiv: Da geht einiges aus meiner Sicht, zum Beispiel unsere Tschugge Mugge (Regionalsprech für „gute Musik“) Family, bei der sich Techno, House und DnB getroffen haben um gemeinsam mit super motivierten Dekomenschen, Promotern und Artists coole Veranstaltungen zu organisieren. Mich treibt das an und dafür bin ich allen von Ihnen dankbar.
Es gibt „Under The Ground“ die schon extrem lange ein garant für gute Veranstaltungen im Raum Gießen sind: Bassrock, Zirkus Panne, Ehh Kollektiv, Familie im Takt — um nur einige zu nennen. Da geht schon einiges in unserer Region. Ich bin generell offen für Musik. Geht es jedoch ums Party machen kommt mir fast nichts anderes auf die Ohren als DnB. Gestern war ich auf einer Veranstaltung unserer Techno-Division, die extrem liebevoll gestaltet war und musikalisch ordentlich abgefackelt hat. Kann ich mir auch mal anhören, aber letzten Endes mag ich lauten DnB hören. Das ist einfach so, ich kann es nicht ändern. 😉
TuB: Wie würdest du die Drum & Bass Szene im Rhein-Main Gebiet und insbesondere in Gießen beschreiben? Welcher Stil ist dominant?
ENactiv: Das kann ich so gar nicht sagen es ist und bleibt vielfältig, wobei DnB bei uns in Gießen in letzter Zeit einen schweren Stand hatte. Wir arbeiten dran.
TuB: Vermisst du etwas in deiner regionalen Szene?
ENactiv: Mir persönlich fehlt eine gewisse Abwechslung, ich kenne die Veranstaltungen und sie sind vollkommen in Ordnung, aber mir fehlt mal ein frischer Wind. Genau hier möchten wir ansetzen und derzeit befinden sich einige Sachen in Planung aber darüber kann ich aktuell noch nichts verraten. Stuff needs to be done.
TuB: Wie steht es um den Nachwuchs?
ENactiv: Das ist eine grandiose Frage, wenn du mich fragst geht deutschlandweit im Moment so viel. Ich habe einige gute Leute auf dem Schirm und gebe euch bei einigen auch Brief und Siegel, dass ihr von Ihnen hören werdet. Bei uns Regional müssen wir mal ein wenig scouten. Ich habe Anfang des Jahres mit einem talentierten Newcomer aus Marburg einen Gig gehabt, der mir extrem gut gefallen hat. Bleib dran K_U! Was ich schön finde, ist dass sich gerade wieder eine Vernetzung abspielt, es gibt junge, movtivierte Künstler die Brücken schlagen. Das ist cool und ich denke es wird der Szene gut tun.
TuB: Wie wird sich die Szene im Rhein-Main Gebiet und in Gießen nach deiner Einschätzung in Zukunft entwickeln?
ENactiv: Ich kann nicht an Fakten belegen, es ist einfach ein Bauchgefühl. Ich denke und hoffe, dass endlich mal wieder ein bisschen Schwung in die Szene kommt, in den letzten Jahren hat für mich in der Deutschen und lokalen DnB Szene ein wenig Lethargie geherrscht. Zur Zeit passiert, aus meiner Perspektive gesehen, wieder einiges und ich habe wirklich Hoffnung dass auch hierzulande wieder Schwung in die Bude kommt. In unseren östlichen Nachbarländern stepped ja schon geraume Zeit der Junglist.
TuB: Welchen Künstler feierst du gerade am meisten?
ENactiv: Zurzeit feiere ich Stunnah ganz massiv, weil er probiert DnB einen Platz auf der Deutschlandkarte zu verschaffen. DnB fristet in Deutschland ja schon seit vielen Jahren ein Nischendasein und ein wenig mehr Aufmerksamkeit kann nicht schaden. Klar, man kann darüber streiten ob alles was er da macht so cool ist, oder ob der ein oder andere Track zu poppige Töne anschlägt. Aber, er macht was und das was er macht ist wirklich gut.
TuB: Und welches Lied?
ENactiv: Optiv & BTK – Mind Control (Mizo Remix), was für ein heftiger Floorshaker. Big up für den!
TuB: Trommel oder Bass?
ENactiv: Das ist in etwas so als würde man mich fragen ob man meine Freundin mal in zwei Teile schneiden dürfte. Sorry, no way! Ich lege mich nicht auf das eine oder andere fest. Der Bass muss wummern und die Snare klatschen, so einfach ist das für mich!
ENactiv SoundCloud • facebook Fotograf: Rasmus Wenzel facebook
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