Digital plaudert aus dem Nähkästchen • Schlagabtausch 026
Original Interview auf Englisch auf Seite 1.
Original interview in English on page 1.
Stephen Carr aka Digital aka der King of Basslines gehört zu den ältesten und bekanntesten Drum&Bass und Jungle Pionieren seit Anbeginn 90er. Der Labelowner von Function Records und langjähriger Weggefährte des kürzlich verstorbenen Sipirit (R.I.P), veröffentlichte bereits auf fast jedem großen Drum&Bass- und Jungle-Label und beschallt seit vierundzwanzig Jahren die Clubs der Welt.
Er hat sich die Zeit genommen unsere Fragen zu beantworten und hat dabei einiges zu sagen. Lest selbst (während ihr diesen geilen Mix von Digital mit Blackeye MC hört):
der Schlagabtausch mit Digital
TuB: Erst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Wie geht es dir heute?
Digital: Müde, ich schreibe das Ganze hier um 4:30.
TuB: Fangen wir mal mit deiner Jugend an, ich habe gelesen, dass dir das Ashanti Soundsystem den Namen „Digital“ bereits mit vierzehn Jahren gegeben hat. Wie kam es dazu?
Digital: Mitte der 80er Jahre entstand der Term, beziehungsweise der Name »Digital« als es einen Technologiewechsel gab. Musik wurde weitestgehend auf Computern und digitalen Bändern, anstelle einer großen reel to reel tape machine, produziert. Oh und Digitaluhren waren auch ziemlich cool! Jedenfalls konnte ich in meiner Jugend ein Soundsystem bedienen, also sagten sie immer »Alter, du bist ›digital‹« als Kompliment. Der Name blieb hängen und tja, hier bin ich!
In meiner Jugend konnte ich Soundsysteme bedienen, also sagten sie immer »Alter, du bist ›digital‹« als Kompliment.
TuB: Vom Reggae Sound-System zu Jungle ist ja an sich nicht so weit hergeholt, aber wann und mit welcher Motivation hast du mit dem DJing und Produzieren angefangen?
Ich fing mit etwa elf Jahren an aufzulegen.
Digital: Mein Vater war DJ, also waren Musik und Tanz ein großer Teil des Familienlebens. Ich fing mit etwa elf Jahren an aufzulegen, zehn Jahre vor den ersten Raves, Anfang der 90er – ab da wurde das Auflegen dann ernster, da ich ganz vorne dabei sein wollte. Nach einer Weile wurde mir klar, dass ich, als kleiner Stadtjunge, anfangen musste zu produzieren, um aufzufallen und für Auftritte gebucht zu werden.
TuB: Was waren, beziehungsweise sind, zumindest musikalisch gesehen, deine größten Vorbilder und Einflüsse?
Digital: Die ersten großen musikalischen Einflüsse, an die ich mich erinnere, sind Bob Marley und Micheal Jackson – für ihre Musik und die Tatsache, dass es jemanden gab, der mir in einem Video im Fernsehen ähnlich sah!
TuB: Wie kamst du dazu, dein eigenes Label zu gründen?
Digital: Mit einem eigenen Label ist es möglich, etwas relaxter an die Sachen heranzugehen und die gewünschte Musik zu releasen, wann man möchte. Das bedeutet, dass ich experimentieren kann und nicht der Agenda von jemandem folgen muss. Function Records war für mich wichtig, um als Künstler voranzukommen.
TuB: Wie hat sich die Szene weltweit und in England, aus deiner Sicht, durch das ganze splitten der Genres in Sub-Sub-Sub-Sub-Sub… Genres verändert?
Digital: Ja, das hat es wohl. Ich merke, dass die Leute es lieben, sich einem Subgenre zuzuordnen – vielleicht ist das altersbedingt. »Die Jugend« feiern Jump Up, wenn diese ein wenig älter und ein bisschen chilliger drauf sind, wird eher Halfstep oder Liquid gehyped und die ältere Generation kann dann über Jungle reden!
Einige Produzenten ordnen sich sehr stark Subgenres zu, um sagen zu können, dass sie deren Erschaffer sind haben oder sie irgendwie beherrschen.
TuB: Ich hab gehört, du warst mal im Knast, darf ich fragen warum?
Digital: Ich war ein jugendlicher Gesetzesbrecher, ja, aber das liegt alles in der Vergangenheit! Einige Straftaten, die so im Alter von fünfzehn bis einundzwanzig vorkommen können führten mich ins Gefängnis. Wir belassen es dabei…
Allerdings war ich einer der Glücklichen im Gefängnis, da ich eine gute Musikkarriere vor mir hatte, sodass ich mich nicht mehr wie ein jugendlicher Idiot verhalten musste.
TuB: Für mich bist du auf jeden Fall der Produzent, der die krassesten Basslines kreiert. Gibt es einen Tipp, wie du das so gut hinbekommst? Und mit was produzierst du eigentlich?
Digital: Ich glaube nicht, dass es da ein Geheimnis gibt. Jeder, der sich mit Soundsystems beschäftigt, Soul, Reggae, Dub, Hip Hop, Blues, Techno und Electro hörte, würde wahrscheinlich ähnliche Basslines produzieren oder schreiben. Wenn wir uns andererseits über das Technische unterhalten ist es so, dass wenn ich eine Basslinie schreibe, entferne ich unerwünschte Frequenzen für genau diese spezielle Basslinie. Und so ergibt sich fast nie der gleiche Equalizer für eine Bassspur.
TuB: Leider ist ja vor kurzer Zeit Spirit von uns gegangen (R.I.P), kanntet ihr euch auch schon, bevor ihr zusammen Musik gemacht habt?
Digital: Ich kenne Spirit seit etwa fünfundzwanzig Jahren, das er im lokalen Recordshop arbeitete. 1996 haben wir angefangen gemeinsam Musik zu machen. Ich glaube, der erste Track hieß »Crash« und wurde auf der Armageddon EP von Renegade Hardware veröffentlicht.
TuB: Soweit ich weiß, hattet du und Spirit ein gemeinsames Album geplant. Wird dieses trotzdem – oder gerade deswegen – noch released?
Digital: Wir dachten da an ein Album, aber leider kamen wir nicht so weit, obwohl noch ein oder zwei Tracks für Function 50 rumliegen.
TuB: Gab es Zeiten, in denen du keine Lust mehr auf die Szene hattest?
Digital: Ja. Ich bin seit vierundzwanzig Jahren dabei, da gab es viele Höhen und Tiefen, auf die ich nicht weiter eingehen werde…
TuB: Was macht Digital, wenn er nicht gerade produziert oder in der Welt unterwegs ist?
Digital: Viel essen, Rad fahren, noch mehr essen, Netflix, Revels essen und noch mehr Netflix schauen.
TuB: Was war bis jetzt der Beeindruckendste Ort, an dem du je gespielt hast und gibt es einen Ort, der noch auf deiner »To-Do Liste« steht, an dem du mal spielen möchtest?
Digital: Ich würde gerne mal in Afrika oder Indien spielen. Der beeindruckendste Ort, an dem ich je gespielt habe war Neuseeland. Ich bin seit 2000 dort und und es wird immer besser.
TuB: Was steht die nächsten Monate und 2019 an?
Digital: Haltet mal eure Augen und Ohren auf! Die nächste Releases gibt es auf Function Records von Kiljoy, Bad Man / Air Raid (Func 46). Func 47 ist allein mit Collabs vom deutschen Künstler Keygenlog, Canada’s Gremlinz und Sight Unseen aus den USA.
TuB: Letzte Frage: Trommel oder Bass?
Digital: Beides natürlich!
TuB: Danke, dass du dir die Zeit genommen hast!
Digital
SoundCloud • facebook • twitter
Function Records
Website • SoundCloud • facebook • twitter
Keine Kommentare